Wanderungen im südlichen Teil des Vercors

Ein Bericht von Peter Berlinghof 

Der Vercors ist ein durch tiefe Täler begrenztes, in sich abgeschlossenes Massiv mit einem langen, nord-südlich ausgerichteten, hügeligen Hochtal im äußersten Westen der französischen Alpen. Das Massiv liegt in den Départements Isère und Drôme, zwischen den Städten Grenoble und Die. Es wird von den Flüssen Isère, Drac und Drôme begrenzt. Die nächstgelegene größere Stadt im Westen ist Valence, nahe am Zusammenfluss von Isère und Rhône. Der Vercors umfasst eine Fläche von etwa 30 mal 40 Kilometern. Da er an allen Seiten schroff ansteigt, wurde er erst im 20. Jahrhundert für den Straßenverkehr erschlossen. Im Vercors finden sich mehrere Zweitausender, wobei der Grand Veymont mit 2341 Metern der höchste Gipfel des Massivs ist.

Auf Einladung eines Freundes hatte ich das Vergnügen, dort Ende Oktober / Anfang November 2019 wandern gehen zu können. Unser Ausgangspunkt für die Wanderungen war Châtillon-en-Diois, ein kleiner Ort mit ca. 650 Einwohnern am südlichen Ende des Vercors.

Châtillon-en-Diois liegt im Tal des Flusses Bez am Fuß des Glandasse (Bild oben). Der Glandasse, dessen Gipfel der Dôme du Pie Ferré mit 2041 m ist, ist der südliche Abschluss des Vercors.

Das Diois ist eine Naturlandschaft und historische Region im Département Drôme. Es gehört zu den provenzalischen Voralpen und bildet das Einzugsgebiet der Drôme, an deren Ufer Die, die Hauptstadt des Diois,
liegt. Die liegt ebenfalls am Fuß des Glandasse, 14 km nordwestlich von Châtillon.

Oberhalb von Châtillon erhebt sich der Burgfelsen (Bild Châtillon 1 und 2, oben). Der Name Châtillon leitete sich von einer kleinen Festung von Lehnsherren ab, die sich dort befand und die aus der gallisch-römischen Epoche stammt. Rund um diese Festung hat sich dann der Ort entwickelt. Das Château wurde bereits im Jahr 1573 zerstört, lediglich Reste einer Treppe, die zu einem Ausfallstor der Burg führten, sind noch erhalten. Das Ortsbild zeichnet sich durch enge Gassen und enge Sträßchen aus und wirkt sehr malerisch.

Auch in der direkten Umgebung von Châtillon befinden sich schöne Wanderwege, die auch weitgehend ohne größere Steigungen verlaufen. Der bekannteste ist der Chemin des Vignes, hier insbesondere der Chemin de
Clairette, einer lokalen Schaumweinspezialität.

Wanderung vom Col de Rousset zum Montagne de Beure

Der Col de Rousset ist ein Gebirgspass im Vercors, den man von Die kommend auf der D518 erreicht. Die Straße überwindet den Pass auf 1254 Metern Höhe durch einen Tunnel, die eigentliche Passhöhe befindet sich auf 1367 Metern Höhe und ist nur zu Fuß erreichbar. In den Jahren 1984, 1996 und 1998 führte die Tour de France über ihn, für die Bergwertung ist er als Berg der zweiten Kategorie klassifiziert. Der Pass bildet die Klimagrenze zwischen den feuchteren Nordalpen und den trockeneren und sonnigeren Südalpen. Vom
Parklatz vor der Tunneleinfahrt hat man eine wunderbare Aussicht auf die Passstraße (Bild Col de Rousset 1) und hat zudem die Möglichkeit, auf dem Eselsweg (Bilder Col de Rousset 2 und Eselsweg 1 u. 2) zu wandern. 

Auch vom Eselsweg hat man tolle Aussichten auf die umliegenden Berglandschaften:

Nach dem Abstecher auf den Eselsweg fuhren wir durch den Tunnel an der Skistation vorbei zu einem Parkplatz in der Nähe des Montagne de Beure. Unser Aufstieg führte uns zum But Sapiau. Von dort bietet sich aus 1619 m Höhe ein einzigartiges Panorama in alle Richtungen.

Markante Felsformationen begleiteten uns beim Auf- und Abstieg

Vom Bez-Tal hinauf zum Col de Porte

Am nächsten Tag unternahmen wir eine wesentlich anstrengendere Tour, die uns aus dem Tal des Bez zunächst steil bergauf führte. Unterwegs boten sich immer wieder herrliche Ausblicke auf die umliegende Bergwelt, aber auch kleine Schönheiten wie Feuersalamander, Bergeidechse oder verschiedene Pilzarten konnte man am Wegesrand bewundern. Kurz vor dem Col de Porte beobachteten wir auch kreisende Gänsegeier, die sich langsam in die Höhe schraubten. Unterwegs fielen uns auch zwei aufgelassene kleine Ortschaften
(Hameau du Serre und Hameau de L’Eglise) auf, die die Natur schon zum großen Teil wieder zurückerobert hat.

Hameau du Serre

Der weitere Weg auf den Col de Porte führte uns durch herrliche Herbstlandschaften mit wunderbaren Ausblicken.

Vom Col de Porte (1335 m) aus hatten wir einen guten Blick auf den Glandasse (Bild Col de Porte 12) sowie den Cirque d’Archiane (Bild Col de Porte 13 und 14).

Auf dem Rückweg passierten wir noch den oben erwähnten Hameau de L’Eglise (1038 m) und erreichten nach ca. 14 km und 950 Höhenmetern nach 8 Stunden wieder unseren Ausgangspunkt.

Vallon de Combau

Die dritte Wanderung im Vercors führte uns in das wunderschöne Vallon (oder Vallée) de Combau. Dort stiegen wir auf bis zum Tête Chevalière (1951 m) und hatten einen grandiosen Blick auf den Mont Aiguille (2087 m), der bereits 1492 zum ersten Mal bestiegen wurde, und den Grand Veymont (2341 m). Insgesamt waren etwas mehr als 500 Höhenmeter zu überwinden. Dabei konnten wir vielfältige Karstformen beobachten, Tiere – mit Ausnahme von einigen Alpenkrähen – zeigten sich dabei leider nicht.

Eine interessante Beobachtung machte ich am Wegesrand. Den abgestorbenen Baum hatte ich schon einmal am 1. Juni 2005 fotografiert. Ein Vergleich mit dem aktuellen Foto zeigt, dass der Baum sich in 14 Jahren kaum verändert hat.

Am Fuß des Tête Chevalière angekommen, genossen wir unseren Mittagsimbiss und den überwältigenden Ausblick auf den Mont Aiguille und den Grand Veymont.

Auf dem Rückweg gingen wir entlang des beeindruckenden Steilabfalls des Vercors und hatten immer wieder schöne Ausblicke auf den Mont Aiguille.

Nach der Rückkehr am Parkplatz fuhren am Rocher de Combau (letztes Bild oben) vorbei nach Benevise (Bild 1, unten). Über Les Nonnières (Bild 2) und Menée ging es auf der D120 wieder zurück nach Châtillon-en-Diois.

Unser Fazit: Der Vercors war wieder mal eine Reise wert!