Ein Bericht von Fred Eversmann
Ein Theyyam ist ein Ritual der Götterverehrung, das in einem kleinen Gebiet des südindischen Bundesstaates Kerala praktiziert wird. Ein archaischer Kult mit Jahrtausende alter Tradition, der auch heute immer noch lebendig ist.
Theyyams werden heute als ein- und mehrtägige rituelle Tanz- und Tempelfeste zumeist in kleineren Dörfern und Orten an der Malabarküste im Norden Keralas abgehalten. Ihre Geschichte reicht über 1.500 Jahre in die hinduistische Mythologie zurück. Geprägt von Shiva, dem Gott der Gegensätze zwischen Zerstörung, Wohltat und Erneuerung, bewegen sich die Rituale des Theyyams in Gestalt verschiedenster männlicher und weiblicher Götter im immer währenden Spannungsfeld zwischen Zerstörung und göttlicher Gnade.
Im Mittelpunkt des Spektakels stehen Gottheiten oder Geistwesen, die von Angehörigen niederer Kasten verkörpert werden. Das aufwändige Schminken und die Anlegung der üppigen Verkleidung sind Teil der Zeremonie, die vom Tempelpriester streng überwacht wird.
Begleitet von lauter, rhythmischer Trommelmusik und religiösen Gesängen tanzen sich die Akteure zunehmend in einen Zustand der Besessenheit, der ihnen körperlich alles abverlangt.
Bei einigen dieser Feste gipfelt das Ritual im Tanz durch hoch auflodernde Feuer oder glühende Kohlen.
Gezeichnet von den Anstrengungen der Tänze und der Feuersprünge sowie von der vorübergehenden Besitzergreifung durch böswillige Geister läßt sich die Gottheit schließlich besänftigen und in eine beschützende Macht verwandeln. Ihr können die Gläubigen am Ende ihre Wünsche anvertrauen und sich ihren Segen erbitten.
Auch an mir als Teilnehmer einer kleinen Gruppe von Fotografen sind die Anstrengungen mehrerer besuchter Theyyams nicht spurlos vorüber gegangen. Über drei Tage hinweg immer zum richtigen Zeitpunkt an den richtigen Orten zu erscheinen, verlangte großes Durchhaltevermögen. Egal ob in der Mittagshitze oder die Nacht hindurch bis in den Morgen. Dabei immer auf Tuchfühlung mit den „göttlichen“ Protagonisten zu sein inmitten eines enthusiastischen Publikums, forderte höchsten Körpereinsatz von allen Teilnehmern, der am Ende der Reise jedoch mit zwei entspannten Tagen auf einem Hausboot auf den traumhaft exotischen Kerala Backwaters und natürlich mit einzigartigen Erlebnissen und reichhaltiger Fotoausbeute belohnt worden ist.